Die Aktualisierung beschränkt sich auf die wichtigsten Befunde. Auf viele Differenzierungen, die in „Kriminalität und Kriminalitätskontrolle“ enthalten sind, wurde verzichtet. Insoweit wird auf die damaligen Ausführungen verwiesen. Dasselbe gilt für den Nachweis von wissenschaftlichen Untersuchungen und weiterführender Literatur. Im Unterschied zu den damaligen Schaubildern werden für den Zeitraum ab 2007 nicht mehr die Ergebnisse für die früheren Länder der Bundesrepublik und für Gesamtdeutschland getrennt dargestellt. Erstmals wird zu sämtlichen Schaubildern jeweils ein Auszug aus dem Datenblatt mit den Eckdaten in 5-Jahres-Abständen beigefügt. Transparenz und Nachprüfbarkeit werden auf diese Weise erhöht.
Das Strafverfahren ist ein Prozess der Ausfilterung und Bewertungsänderung. Die hierzu im ersten Kapitel exemplarisch dargestellten Befunde zu deliktsspezifischen Trichtermodellen verdeutlichen nicht nur die Notwendigkeit einer Verlaufsstatistik, sondern zeigen vor allem, dass sich im Prozess strafrechtlicher Sozialkontrolle die Sichtweisen der Entscheidungsträger ändern (können), dass es hinsichtlich ein und desselben Sachverhalts mehrere Realitätsdefinitionen der verschiedenen Akteure geben kann. Für eine optimale Analyse genügt deshalb nicht eine einzige Datenquelle, wie die – derzeit zumeist vorrangig betrachtete – Polizeiliche Kriminalstatistik. Erforderlich sind vielmehr
(1) Dunkelfelduntersuchungen, und zwar sowohl als
· „Victimization Surveys“ als auch als
· „Selbstbericht-Studien“.
2) Kriminal- und Strafrechtspflegestatistiken, die über die Tätigkeit der Instanzen strafrechtlicher Sozialkontrolle Auskunft geben, also optimal
· Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS),
· Beschuldigtenstatistik der Staatsanwaltschaft,
· Strafverfolgungsstatistik (StrafVerfStat),
· Vollstreckungs- und Vollzugsstatistik, Bewährungshilfestatistik und
· Rückfallstatistik.
(3) Statistische Datenbanken, in denen alle relevanten justiziellen Entscheidungen mit
pseudonymisierten Personendaten eingetragen und miteinander verknüpft werden können, so dass rückfall- und verlaufsstatistische Analysen möglich sind.
Diese optimale statistische Analyse ist in Deutschland (immer noch) nicht möglich. Es gibt keine bundesweite, statistikergänzende, kontinuierlich durchgeführte Dunkelfelduntersuchungen, das System der Strafrechtspflegestatistiken weist empfindliche Lücken im Bereich sowohl der staatsanwaltschaftlichen Entscheidungstätigkeit als auch der Vollstreckung und des Vollzugs auf.
Eine Rückfallstatistik gibt es derzeit nur als Forschungsprojekt, nicht aber als amtliche Statistik. Eine Verlaufsstatistik ist ferne Zukunftsmusik. Statt einer Optimierung hat sich das bestehende kriminalstatistische System in den letzten Jahren sogar verschlechtert. Als Folge einer immer noch nicht gewährleisteten flächendeckenden Führung hat das Statistische Bundesamt (StatBA) die Veröffentlichung aktueller Ergebnisse der Bewährungshilfe- (seit Berichtsjahr 2011) und der Maßregelvollzugsstatistik (seit dem Zeitraum 2013/2014) eingestellt.
Konstanz, März 2017 Wolfgang Heinz