Deutsch, Mathematik, Allgemeinbildung, Informatik – in einem Bündner Gefängnis drücken Verurteilte die Schulbank. Die Bildung soll zu einer besseren Resozialisierung beitragen. Wie funktioniert das?
Nikolai Kowalenko* sitzt als Erster im Klassenzimmer, zehn Minuten zu früh. Hinter ihm liegen zwei Jahre Haftstrafe, Delikt: Diebstahl. Vor ihm steht ein Blumenstrauss. Kowalenko hat ihn aus farbigem Papier gestaltet, die Technik hat er sich selbst beigebracht. Er will ihn der Lehrerin zeigen, ist stolz darauf. «Für meine Frau», erklärt er. Er ruft sie täglich an, sieht sie aber nie. Der Weg ist zu weit, doch die verbleibende Haftzeit kurz – so hofft er. Mitte August entscheidet die einweisende Behörde, ob der Moldawier nach zwei Dritteln seiner Haftzeit wegen guter Führung entlassen wird. Er ist nervös, raucht öfter als sonst, bleibt zuversichtlich. Nie hat er die Arbeit geschwänzt oder sich geprügelt.